Wohngesund bauen und ökologische Hauskonzepte
Einen Großteil unseres Lebens verbringen wir in unseren eigenen vier Wänden. Da ist der Wunsch verständlich, dass man sich dort nicht nur "zu Hause" fühlt, sondern die Wohnumgebung auch das eigene Wohlbefinden fördert, zumindest nicht in Frage stellt. Wohngesundheit ist ein neues Schlagwort in diesem Zusammenhang. Wurde beim Bauen lange vor allem auf Ästhetik, Kosten oder Energieeffizienz geachtet, tritt der Gesundheitsaspekt inzwischen stärker in den Vordergrund. Das verwundert angesichts der Vielzahl der beim Bauen verwendeten industriellen Baustoffe nicht. Was "wohngesund bauen" bedeutet und worauf zu achten ist, zeigt dieser Beitrag.
Wohngesund - was heißt das eigentlich?
Eine amtliche Definition, was "Wohngesundheit" oder "wohngesund Bauen" bedeutet, gibt es nicht. Intensiv mit der Thematik befasst hat sich das Sentinel-Haus-Institut (SHI), das seit Jahren das Bauen ohne Schadstoffe propagiert. Es handelt sich um eine private Einrichtung, die aus einem Forschungsprojekt der Deutschen Umweltstiftung entstanden ist. Laut SHI zeichnet sich die Wohngesundheit eines Gebäudes durch folgende Eigenschaften aus:
- die Minimierung gesundheitsschädlicher Einflüsse;
- die Schaffung optimaler Bedingungen für Gesundheit;
- die Ermöglichung besseren Befindens bei besonderen "Empfindlichkeiten" gegen Schadstoffe und Umwelteinflüsse;
- idealerweise die Steigerung des persönlichen Wohlbefindens durch Licht und Farbe.
Grundsätzlich steht beim wohngesunden Bauen der Mensch als "Bewohner" im Mittelpunkt. Gesundheit ist etwas höchst Individuelles. Jeder hat seine eigenen Schwachstellen, Gefährdungen und Befindlichkeiten. Wie das persönliche wohngesunde Bauen aussieht, hängt immer auch von den persönlichen Bedürfnissen ab. Für die einen kann es heißen, antiallergen zu bauen, für andere, natürliche Baumaterialien zu verwenden.
Schadstoffe und Gifte in Wohnräumen
Kopfschmerzen, Neuralgien, Reizungen der Schleimhaut, Schwindel oder Übelkeit - das sind nur einige Auswirkungen, die Schadstoffe und Gifte in geschlossenen Räumen hervorrufen können. Die Liste der "Unbekömmlichkeiten" ist lang:
Chemische Substanzen
Chemische Schadstoffe kommen vor allem im Zusammenhang mit Farben, Klebern, Putzstoffen und Bodenbelägen vor. Schädlich sind flüchtige Gase, die oft über lange Zeiträume an die Raumluft abgegeben werden und sich entsprechend negativ auswirken. Formaldehyd aus der Verklebung von Spanplatten, Holzschutzmittel und andere Mittel zur Schädlingsvorbeugung (Biozide) sind berüchtigt als Beschwerdeauslöser.
Biologische Schadstoffe
Schimmelsporen, Hefepilze, Bakterien oder Hausstaubmilben sind seit jeher als ungesund bekannt. Allergien, chronische Atemwegserkrankungen und Entzündungen können Folgen solcher biologischer Schadstoffe sein. Die Bauweise soll das Auftreten von Schimmel & Co möglichst verhindern. Das ist nicht erst seit dem Bauen ohne Schadstoffe so. Aber heute ist die Bautechnik in dieser Hinsicht weiter fortgeschritten. "Natürliche" Gefahren gehen auch vom Einatmen mineralischer oder organischer Fasern aus Dämmmaterialien aus.
Physikalische Belastungen:
Feuchtigkeit, Lärm oder Radon in Räumen können auf Dauer zu schwerwiegenden gesundheitlichen Belastungen führen. Radon ist ein im Erduntergrund vorkommendes radioaktives Gas, das über Mauerritzen in Innenräume eindringt und sich dort ansammelt. Das ist bei zu hoher Konzentration gesundheitsschädlich. Eine zunehmende Gefahr bedeutet auch "Elektrosmog". Aufgrund der Vielzahl elektronischer Geräte im Haushalt (Computer, Handys, Tablets, Telefone usw.) hat die elektromagnetische Strahlung in den eigenen vier Wänden stark zugenommen.
Wohngesundheit, Ökologie und Nachhaltigkeit
Ist ein Ökohaus auch ein wohngesundes Haus? Diese Frage scheint auf den ersten Blick provokant, verbindet man doch mit dem Begriff "Ökohaus bauen" automatisch die Vorstellung, dass nur natürliche Baumaterialien zum Einsatz kommen, um möglichst schadstoffarm zu bauen. Tatsächlich sind Wohngesundheit, Ökologie und Nachhaltigkeit aber nicht deckungsgleich.
Das Ökologische Bauen beinhaltet viele Aspekte:
- einen ökologisch günstigen Standort;
- die Verwendung von ressourcenschonenden, natürlichen und umweltverträglichen Baustoffen;
- die Vermeidung von baubiologisch bedenklichen oder toxischen Substanzen beim Bau;
- energieeffizientes Bauen, zum Beispiel durch gute Wärmedämmung, Nutzung erneuerbarer Energien und entsprechende Anlagentechnik;
- nachhaltige Entwässerungstechnik;
- minimale Versiegelung und ökologische Bepflanzung.
Die Vermeidung baubiologisch und umweltverträglicher Substanzen steht sicher im Einklang mit wohngesundem Bauen. Andere Aspekte des ökologischen Bauens verhalten sich zur Wohngesundheit eher neutral. Eine gute Wärmedämmung kann dagegen im Hinblick auf Wohngesundheit sogar kontraproduktiv wirken. Denn sie begünstigt die Ansammlung von Schadstoffen in (immer besser) abgeschlossenen und gedämmten Räumen. Die Verwendung von natürlichen Baumaterialien oder -stoffen garantiert auch noch nicht automatisch Gesundheit. Allergien können sich zum Beispiel auch gegen natürliche Stoffe entwickeln.
Warum das richtige "Klima" wichtig ist
Ein optimales Raumklima trägt wesentlich zum Wohlbefinden bei, vermeidet Schimmelbildung und beugt gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor. Allgemein gelten eine Luftfeuchtigkeit von 40 bis 60 Prozent und eine Raumtemperatur von 20 Grad Celsius als optimal. Dabei kommt es auch auf die Raumnutzung an. Im Schlafzimmer oder im Keller tun es niedrigere Temperaturen, im Bad darf es auch schon mal wärmer sein.
Regelmäßiger Luftaustausch ist und bleibt wichtig. Oft denkt man, verschmutzte Außenluft ist das Problem. Das stimmt aber nicht. In vielen Fällen ist die Raumluft das größere Risiko für die Gesundheit - nicht nur wegen bedenklicher Baustoffe, sondern auch wegen umweltkritischer Möbel und Einrichtungsgegenstände. Das Hereinlassen von Außenluft durch Lüften ist daher oft das kleinere Übel.
Wohngesund bauen - wie das funktioniert
Nachhaltige Baustoffe und Materialien wählen
Wohngesund bauen ist durchaus unter Verwendung handelsüblicher konventioneller Baustoffe möglich. Anorganische Baumaterialien eignen sich gut, weil sie Feuchtigkeit und Schadstoffe aufnehmen. Dies befördert ein gesundes Raumklima. Betonsteine, Ziel-, Gips- und Kalkputze sind in diesem Sinne zu empfehlen. Auch Holz kommt als Baumaterial in Frage, wenn auf gesundheitsschädliche Holzschutzmittel verzichtet wird.
Schlacken und Chemiegipse als Basis für Baustoffe werden dagegen inzwischen wegen erhöhter Radon-Belastung gemieden.
Bei Farben, Putz und Holzschutz kann man auf eine breite Palette an "natürlichen" Produkten zurückgreifen: Naturfarben auf Kalk- und Lehmbasis, Kalkputz, Lehmputz, Holzschutz auf Naturharz-Grundlage sind nur einige Beispiele dafür. Wenn es darum geht, antiallergen zu bauen, kommt es besonders auf den allergiefreien Innenausbau an. Häufige Allergiefaktoren sind Bodenbeläge. Vergleichsweise unproblematisch zeigen sich hier Fliesen-, Holz- und Laminatböden oder auch Kurzflorteppichböden. Klebstoffe können ebenfalls allergieauslösend sein - gut wenn sie nicht benötigt werden.
Optimale Luftverhältnisse schaffen
Für Wohngesundheit ist ausreichender Luftaustausch entscheidend. Eine Lüftungsanlage kann für ausreichenden Frischluft sorgen, wenn regelmäßiges Stoßlüften nicht möglich ist. Künstliche Lüftung und Luftreinigung ist auch eine Lösung für Allergiker. Mit entsprechenden Filtern ist das sogar besser als natürliche, aber "pollengeschwängerte" Luft.
Ein anderes wichtiges Thema ist die richtige Luftfeuchte. Die diffusionsoffene Bauweise ("atmende Wände") bewirkt eine ausreichende Wasserdampfdurchlässigkeit und beugt der Schimmelbildung vor. Fußboden- oder Wandheizungen sind für Allergiker ebenfalls günstig, weil sie weniger Staub aufwirbeln.
Das sind nur einige Möglichkeiten, wie eine gezielte Auswahl von Baumaterialien und Baustoffen zur Wohngesundheit beitragen kann. "Gesundes Bauen" sollte schon bei der Planung des Hauses berücksichtigt werden. Das garantiert für Wohlbefinden von Anfang an und erspart spätere aufwändige Sanierungen.